Es soll ja Kinder geben, die scheinbar gerne ihre Zimmer aufräumen. Doch in der eigenen Familie finden Eltern diese „Spezies“ eher selten. Stattdessen sind „Baumeister“ weit verbreitet, die all ihre Holzklötze und Legosteine auf den Boden ihres Kinderzimmers verteilen, aber ungern wieder abbauen. Wie sollten Eltern solch kreative „Chaos-Künstler“ zur Ordnung überreden?
Schimpfen und Zwang zeigen beim Nachwuchs erfahrungsgemäß eher mäßig Erfolg. Pädagogen raten genervten Müttern und Vätern zur Geduld. Streit gilt es bei diesem sensiblen Thema zu vermeiden. Außerdem liegt es auch am Beispiel der Erwachsenen, ob ein Kind oder Jugendlicher Lust hat, seine Besitztümer aufzuräumen. Was den Kleinen vorgelebt wird, das prägt sie. Ganz einfach!
Ein gesundes Maß an Chaos
Ein gesundes Maß an Chaos tut Kindern gut, darin sind sich Psychologen einig. Wie dieses zu bemessen ist, hängt allerdings vom Alter ab. Für Ältere ist es nämlich toll, Spielsachen miteinander zu vermengen: erst wird aus Lego oder Holzbauklötzen eine Stadt mit Brücken und Häusern errichtet, dann kurven Autos durch die engen Winkel und verursachen Unfälle.
Auf diese Weise leben Kinder ihre Fantasie aus und entwickeln immer mehr Spielkombinationen. Je jünger der Nachwuchs, desto übersichtlicher sollte die Spielzeugmenge sein, mit der sie sich umgeben können. Das verhindert eine Reizüberflutung und erleichtert nach dem Spiel das Aufräumen. Kleinkinder lieben übrigens Ordnungsspiele, beispielsweise den klassischen Holzwürfel, in den sie durch die korrekte Öffnung runde, viereckige und sechseckige Stecksteine sortieren können. So fängt mit dem richtigen Spielzeug das Gefühl für Ordnung an.
Damit aber schon die Jüngsten im Kita-Alter Spaß am Aufräumen entwickeln, ist es klug, dass die Erwachsenen selbst klaglos aufräumen. Wenn Mama dabei ein langes Gesicht zieht, während sie das Wohnzimmer ordnet, muss sie sich nicht wundern, dass der Nachwuchs keine Lust hat, sein Kinderzimmer in Angriff zu nehmen. Spaß an Ordnung beginnt also bei der inneren Haltung der Eltern.
Wie halten Kinder selbst Ordnung?
Bei Älteren heißt die Devise: Selbstbestimmung. Je mehr sie mitentscheiden dürfen, wie die Aufbewahrung von beispielsweise Spielzeug, Büchern und CDs in ihren Regalen und Kommoden organisiert werden soll, desto leichter merken sie sich das vorgegebene Ordnungssystem.
Zu viel Spielzeug im Kinderzimmer sowie übervolle Kisten und Schubladen erschweren den Überblick und lassen das Aufräumen in den Augen deiner Kinder lästig erscheinen. Um so nützlicher ist es, wenn du sie mit einer gut strukturierten Zimmereinrichtung unterstützt, die ausreichend Stauraum in Form von Schubladen, Regalen und ähnlichen Funktionsmöbeln bietet. Oft macht es Sinn, bestimmte Spielzeugthemen für einige Zeit wegzupacken und sie nach einem Vierteljahr wieder vom Speicher oder aus dem Keller zu holen.
Sind kunstvolle Bauwerke während des Spiels entstanden, zum Beispiel eine Lego-Stadt, sollten die Erwachsenen ihrem Junior erlauben, sein Werk stehen zu lassen. So vermitteln sie Wertschätzung und Interesse am Tun des Kindes. Aufräumen ist so weniger negativ besetzt. Hilfreich sind auch Rituale, etwa das Aufräumen immer vor dem Abendessen. Die zeitlichen Abstände zwischen einzelnen Aufräumaktionen sollten nicht zu groß werden, damit das Pensum nicht zu unübersichtlich wird. Auf diese Weise generiert dein Kind ein schnelles Erfolgserlebnis.
Wichtig ist es auch, dass nach jedem hervorgeholten Spiel erst einmal aufgeräumt wird, bevor das nächste Brettspiel aus dem Schrank gezogen wird. So bleibt die Menge an Spielkram überschaubar.
Ab wann soll man Kinder zum Aufräumen anleiten?
Kleinkinder ab 18 Monate sind mächtig stolz, wenn sie den Großen beim Sortieren und Putzen helfen dürfen. Je älter sie werden, desto selbständiger räumen Kinder auf. Aber im Kindergartenalter bis 6 Jahre brauchen sie Unterstützung und Struktur. Selbst ältere Schulkinder sind angesichts der pauschalen Aufforderung „Räum‘ endlich auf!“ überfordert.
Wie konkret solch eine Ansage formuliert werden muss, hängt – wie gesagt – vom Alter des Kindes ab. Grundsätzlich hilft es aber immer, wenn einzelne Schritte von Mutter oder Vater benannt werden. Deshalb fordere deinen Sohn oder deine Tochter ganz deutlich auf, zum Beispiel die Lego-Steine in den Korb zu sortieren oder die Matchbox-Autos in die Kiste zu legen. Danach ist dein Lob noch wirkungsvoller.
Kinder wollen Aufmerksamkeit. Sie freuen sich über ein positives Feedback am Ende der Aufräumzeremonie. In der Pädagogik wird das „beschreibendes Lob“ genannt und funktioniert in der Regel immer. Also mach‘ es deinem Sprössling leicht und teile seine Aufräumaktion in überschaubare Schritte ein. Umso glücklicher werdet ihr euch beide anstrahlen, wenn die Leistung erbracht ist. Ob zusätzliche Belohnungen, zum Beispiel durch Naschwerk, Sinn machen, hängt von der Situation ab. Manchmal kann der Erwachsene dadurch einen Motivationsschub wachkitzeln. Trotzdem sollte das nicht zur Regel werden. Eine persönliche Anerkennung hinterher ist immer wertvoller.
Wie motivierst du dein Kind?
Ein erster Schritt ist es, die Aufmerksamkeit deines Kindes zu gewinnen. Erwarte nicht seine Einsicht. Es ist wichtig, dass du dich erst einmal mit ihm und seiner Spielaktion befasst, dir vielleicht Spielsituationen erklären lässt und sie dafür lobst. Denn Kinder freuen sich immer über Interesse an ihrer Spielewelt und gehen dann auch leichter damit um, wenn du sie aufforderst, einige Teile davon schon mal wegzuräumen. Über das Chaos zu lamentieren ist jedenfalls nicht zielführend. Damit schaffst du als Mutter oder Vater Fronten und die Tränen fließen.
Wenn es aber wirklich einmal zum Streit über die Unordnung im Kinderzimmer kommt, dann müssen nicht alle Ordnungsprobleme auf einmal gelöst werden. Am nächsten Tag ist auch noch Zeit. Oft hilft der zeitliche Abstand Kindern und Eltern gleichermaßen dabei, ruhiger an die Aufräumaktion heranzugehen. Was Kinder dabei lernen ist es, dass Eltern Präsenz zeigen, dass sie jedoch gesprächsbereit sind. Du kannst deinem Kind durchaus anbieten, ihm beim Einsortieren von Kleinteilen zu helfen. Denn für jedes Alter gilt: Gemeinsam ist es leichter.
Aufräumtipps für das Kinderzimmer
- Erst einmal fertig spielen. Kinder schätzen es nicht, aus ihrem Spiel herausgerissen zu werden. Gib deinem kleinen Schatz eine Viertelstunde Zeit, um sich von seinem Spiel zu lösen. Danach wird er bereitwilliger die herumliegende „Ursuppe“ an Lego-Steinen aufsammeln.
- Aufräumen zu festen Zeiten. Weiß dein Kind, dass es täglich seine Spielsachen aufräumen soll, dann hilft ihm dieses Ritual. Denn dann gehört diese Aktion zu eurem gemeinsamen Alltagsleben und dein Nachwuchs wird sich weniger dagegen sträuben.
- Eines nach dem anderen. Führe als Regel ein, dass dein Kind erst dann ein neues Brettspiel aus dem Regal nehmen darf, wenn das vorherige aufgeräumt ist.
- Ordnung braucht Raum. Du weißt selbst am besten, wie wichtig es ist, geeignete Ordnungsbehälter zur Verfügung zu haben. Durchsichtige Kunststoff-Kisten mit leicht abnehmbaren Deckeln erleichtern auch deinem Kind das Sortieren des Spielzeugs. Zudem lässt sich leicht erkennen, was in den Boxen verstaut ist. Holzkisten kannst du mit ausgeschnittenen Fotos vom inliegenden Spielthema bekleben. So findet sich dein Kind besser in der Menge der diversen Spielthemen im Regal zurecht.
- Spielerisch aufräumen für alle. Auch Erwachsene profitieren von einer temporeichen Aufräum-Challenge. Suchspiele wie „Wer findet die meisten Legosteine?“ sorgen für entspanntes Gelächter und bringen Leichtigkeit in die langweilige Ordnungsaktion.
- Überforderung vermeiden. Gib kurze, klare Anweisungen. Das verstehen schon Dreijährige. Verlange nicht, dass dein Kind „endlich aufräumen“ soll, sondern erkläre ihm konkret, wohin er die Bilderbücher stellen oder die Holzklötze legen soll. Hinterher ist dann ein großes Lob fällig.
- Spielzeugflut vermeiden. Nicht die Menge an Spielzeug macht dein Kind glücklich, sondern eine Auswahl, die zu seinen Interessen und dem Alter passt. Alles andere überfordert deinen Nachwuchs. Oft entsteht durch gut gemeinte Geschenke von Oma und Opa sowie anderen Verwandten ein größeres Repertoire an Spielzeugen, Brettspielen und Kuscheltieren. Damit dein Kind das Interesse daran immer wieder neu entdeckt, hilft es, mit ihm gemeinsam das eine oder andere „Ding“ wegzupacken. Nach Monaten aus dem Keller geholt, freut es deinen „Zwerg“ wieder von Neuem.